Was ist der Unterschied zwischen Zöliakie, Glutenunverträglichkeit und Weizenallergie?
- naturheilkundefuerdich

- 20. Feb.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Mai

Eine Gemeinsamkeit von Zöliakie, Glutenunverträglichkeit und Weizenallergie liegt darin, dass Betroffene auf Gluten oder Weizen und deren Bestandteile reagieren. Die Reaktionen darauf fallen jedoch unterschiedlich aus.
Glutenproteine enthalten die Bestandteile Glutenine und Gliadine, die sich nicht vollständig aufspalten lassen und somit Peptide hinterlassen. Diese können von der Mehrheit der Menschen gefahrlos wieder ausgeschieden werden, vollständig verdauen kann Gluten wegen der unzureichenden Verstoffwechselung aber niemand. Glutensensitive und Menschen mit Zöliakie reagieren mit einer Immunantwort auf diese Peptide. Wie sich im Verlauf des Artikeks zeigen wird, ist Zöliakie zwar nicht die geläufigste Form, dafür zeigt sie aber deutlich, wozu Weizen bzw. Gluten in der Lage ist, wenn der menschliche Darm nicht darauf vorbereitet ist. Was ist nun der Unterschied zwischen Zöliakie, Nicht-Zöliakie-Nicht- Weizenallergie-Weizensensitivität (Glutenunverträglichkeit) und Weizenallergie?
Zöliakie

Zöliakie ist eine schwerwiegende entzündliche Erkrankung des Dünndarms. Zöliakie ist eine schwerwiegende entzündliche Erkrankung des Dünndarms. Sie zählt zu den Autoimmunerkrankungen und löst bei Betroffenen bereits durch die Aufnahme kleinster Mengen von Gluten eine entzündliche Immunreaktion aus. Folgen sind die Zerstörung der Villi und Darmzotten, was über einen längeren Zeitraum zu einer mangelhaften Aufnahme von Nährstoffen aus dem Speisebrei (Malabsorption) führt und Folgeerkrankungen begünstigt. Betroffene tendieren auch stärker zu Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit Malabsorption, wie gravierende Mangelerscheinungen, die wiederum eine chronische Anämie, Osteoporose und Nervenschädigungen begünstigen. Weitere typische Beschwerden sind Durchfall, Blähungen, Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen. Die Autoimmunität der Zöliakie kann zudem Funktionsstörungen der Bauchspeicheldrüse und anderer Organe wie Gallenblase, Leber und Milz zur Folge haben. Oftmals kann es auch zur Empfängnisunfähigkeit, Typ-1-Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen kommen. Eine unbehandelte Zöliakie birgt ein erhebliches Risiko für Folgeerkrankungen, gleichzeitig haben ihre Symptome nicht notwendigerweise mit dem Magen-Darm-Trakt und der Verdauung zu tun. Aus diesem Grund wird die Zöliakie auch als Chamäleon der Inneren Medizin bezeichnet. Anders verhält es sich bei kleinen Kindern, die tatsächlich die typischen Symptome im Bereich des Magen-Darm-Trakts zeigen. Besonderer Aufmerksamkeit gilt Kindern aus Zöliakie-Familien!
Zöliakie erlangt immer mehr Aufmerksamkeit. Forscher aus unterschiedlichen Ländern beschäftigen sich mit dem Thema und sie entwickelten über die Jahrzehnte immer präzisere Diagnosemittel. Studien machen deutlich, dass weitaus mehr Menschen von Zöliakie betroffen sind, als bisher angenommen. Der italienische Forscher Prof. Catassi testete im Jahr 1996 Blutproben von über 17.000 gesunden italienischen Studenten. Bei einer von 184 Personen konnte eine Zöliakie nachgewiesen werden. Seine Studie zeigte außerdem, dass die meisten atypischen Fälle von Zöliakie, d.h. die Betroffenen weisen nicht die typischen Magen-Darm-Symptome auf, undiagnostiziert blieben. Unter der Leitung von Prof. Catassi und Beteiligung zahlreicher Wissenschaftler konnte nachgewiesen werden, dass keine Region auf der Welt von Zöliakie verschont ist. Ein Phänomen ist besonders erwähnenswert: die chinesische Bevölkerung galt bisher als immun gegen Zöliakie, da ihre Ernährung hauptsächlich auf Reis basiert. Mit dem Voranschreiten des Wirtschaftswachstums und dem westlichen Einfluss auf Ernährung und Lebensweise und der damit verbundenen erhöhten Aufnahme von Gluten, ist die Zöliakie mittlerweile auch in China verbreitet. Eine weitere Studie wurde in den USA und Kanada mit Hilfe eines Netzwerks an Hausärzten und der Leitung von Prof. Dr. Alessio Fasano durchgeführt. Es wurden gezielt Verwandte von Menschen getestet, welche eine diagnostizierte Zöliakie oder andere Risikofaktoren hatten. Innerhalb eines Testjahres im Jahr 2006, konnten dadurch 43-mal mehr Zöliakie-Fälle diagnostiziert werden.
Weltweit sind ca. 1,4% der Menschen von Zöliakie betroffen, dies wurde auf Grundlage serologischer Tests ermittelt und zeigt die Anzahl der Betroffenen mit gesicherter Diagnose. Eine hohe Dunkelziffer von nicht diagnostizierten Zöliakie-Betroffenen wird vermutet. Das errechnete Verhältnis von diagnostizierter/nicht-diagnostizierter Zöliakie liegt jedoch bei 1:7 liegt. Laut einer Metaanalyse aus dem Jahr 2020, hat die Anzahl der Neuerkrankungen an Zöliakie in den letzten Jahrzehnten um durchschnittlich 7,5% pro Jahr zugenommen.
Nicht-Zöliakie-Nicht- Weizenallergie-Weizensensitivität (Glutenunverträglichkeit)

Bei einer Weizen- und Glutensensitivität / Weizen- und Glutenunverträglichkeit, handelt es sich um eine nicht-zöliakische Glutenunverträglichkeit. In Fachbereichen wird sie korrekterweise „Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität“ genannt. Für die bessere Leserlichkeit wird im Folgenden der Begriff Glutenunverträglichkeit verwendet.
Betroffene reagieren ebenfalls mit Symptomen bei Aufnahme von Gluten. Obwohl die Symptome, vor allem die des Magen-Darm-Traktes, denen der Zöliakie ähneln, handelt es sich bei der Glutenunverträglichkeit um ein anderes, klinisch weniger schwerwiegendes Krankheitsbild. Sie kann nicht dieselben Langzeitschäden im Dünndarm hervorrufen, wie bei Zöliakiepatienten, wenn sie unbehandelt bleibt. Auch die Glutenunverträglichkeit kann vielfältige Symptome hervorrufen und diverse Körpersysteme betreffen. Hierbei handelt es sich meist um eine Ausschlussdiagnose, nachdem eine Zöliakie und eine Weizenallergie definitiv nicht vorliegen.
Bei der Glutenunverträglichkeit handelt es sich um eine Reaktion des angeborenen Immunsystems. Charakteristisch sind neben Darmbeschwerden vor allem unspezifische Allgemeinsymptome wie Erschöpfung, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sowie Kopf-, Glieder- und Muskelschmerzen. Die genauen Ursachen der Glutenunverträglichkeit sind aktuell noch nicht vollständig erforscht. Sicher ist jedoch, dass es sich weder um eine Autoimmunreaktion noch eine allergische Reaktion handelt. In der Wissenschaft wird diskutiert, ob nur das Gluten oder zusätzlich auch weitere Inhaltsstoffe des Weizens und anderer glutenhaltiger Getreidesorten für die Reaktionen verantwortlich sind. Im Fokus stehen neben Gluten beispielsweise die sog. Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), welche Verdauungsenzyme hemmen und so wiederum zu Verdauungsbeschwerden führen können. Eine Glutenunverträglichkeit tritt vermutlich häufiger auf als Zöliakie und Weizenallergie, allerdings fehlen umfassende Studien zum Thema, da die Erkrankung noch nicht sehr lange von Wissenschaft und Medizin anerkannt ist. Laut einer aktuellen Übersicht liegt die Rate der Betroffenen zwischen 0,6 - 13%, wobei die Dunkelziffer schätzungsweise genauso hoch ist wie die Zöliakiebetroffener.
Weizenallergie

Eine Weizenallergie liegt dann vor, wenn es nach dem Verzehr oder Einatmen von Weizen nach Minuten oder Stunden zu Sofortreaktionen kommt, die bei Verzicht sofort wieder aufhören. Zu den Sofortreaktionen gehören Symptome wie Niesen, Hautrötung und Jucken der Haut oder Schleimhäute. Ebenfalls können Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auftreten. Die Symptome weisen deutlich darauf hin, dass es sich hierbei, wie bei der Zöliakie, um entzündliche Reaktionen handelt und damit um eine ernstzunehmende Erkrankung. Als Auslöser für eine Weizenallergie gelten mehr als 20 Allergene im Weizen. Dazu zählen die Proteinfraktionen Albumin (15% des Weizenproteins), Globulin (5%) und Gluten (80%).
Diagnosestellung

Zur Diagnosestellung der aufgeführten Glutenunverträglichkeiten stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Je nach Symptomen und Verdacht kommen beispielsweise Antikörper- und HLA-Tests zum Einsatz, sowie Darmspiegelungen mit Biopsien, Stuhlanalysen, Nahrungsmittelkarenzen mit einer darauffolgenden Nahrungsmittelprovokation als auch der Prick- & Patch-Test. Um die Aussagekraft der Diagnostik nicht zu verfälschen ist es wichtig, vor Beginn der Diagnostik Gluten wie bisher gewohnt über die Nahrung zu sich zu nehmen.
Während einer glutenfreien Ernährung ist es nicht möglich, aussagekräftige Werte zur Diagnosestellung zu erhalten!
Du hast den Verdacht, dass dein Körper mit Symptomen auf den Verzehr von Gluten reagiert? Du suchst Unterstützung und Beratung?
Anna & René sind erfahrene Heilpraktiker und Experten rund um das Thema Gluten(frei) und Ernährung. Wir unterstützen und beraten Dich gerne und nehmen uns Zeit für Dich. Nimm gerne direkt Kontakt mit uns auf.

René Vogel
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Anna Christina Elena Müller
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Quellen:
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